Adventsgeschichte 2 - 10. Dezember

Sie nannten uns "Würfelzucker" - Die MAN Midi-Busse der DVG

  Mitte der 1990er Jahre sanken in Dessau die Fahrgastzahlen, vor allem auf den Regional-Buslinien 121 (Hinsdorf), 122 (Fraßdorf/Zehmigkau) und 123 (Vockerode). Aber auch die Linien in die östlichen Vororte (B nach Mildensee und G nach Waldersee) waren vor allem in der sogenannten Schwachlastzeit nicht gut besucht.

  Um hier mit der Fahrzeuggröße entsprechend reagieren zu können, wurden im Jahre 1996 drei Midi-Busse vom Hersteller MAN/Göppel angeschafft. Die Niederflurfahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen DE-V 130, DE-V 131 und DE-V 149 wurden am 1. November 1996 zugelassen und fortan auf die Überlandlinien und am Abend auf die B und G geschickt. Ganz in weiß und mit einem 220-PS starken Motor wurden sie von einigen Fahrern geliebt und von einigen nicht gemocht.

  Nach kurzer Zeit stand auch ein Spitzname für die drei fest: "Würfelzucker" - da sie fast quaderförmig und eben weiß waren. Dieser Name und die Kurzform "Würfel" hat sich bis heute gehalten.

  Im Jahre 1997 erhielten die Würfelzucker ein neues Aufgabengebiet: Die neu eingeführte Citylinie. Sie führte werktags ab Hauptbahnhof über Carl-Maria-von-Weber-Straße zur Goethestraße, Schlachthof und über die Rabestraße zum Rathaus. Von dort führte die Runde zum Museum, Hauptpost und Theater wieder zum Hauptbahnhof. Die Ringlinie, deren Bezeichung derzeit leider nicht bekannt ist, wurde nur im Uhrzeigersinn befahren. Nach Betriebsschluss der Citylinie gingen die Busse zumeist auf die Abendfahrten der Stadtbuslinien.

  Zum Fahrplanwechsel zur Straßenbahnerweiterung West am 5. November 2000 gab es den ersten Einschnitt für die Midi-Busse: Die Überlandlinien wurden teilweise an die Vetter GmbH abgetreten und im Abendverkehr kamen Großraumtaxen zum Einsatz. Auch wurde die Citylinie mangels Bedarf eingestellt. Die Würfel kamen nun vermehrt am Wochenende und auf "schwachen Linien" (13, 17) um Einsatz.

  2004 wurden in den späten Abendstunden erstmals Nachtlinien angeboten. Da aber nur eine davon, die N6, auch wirklich mit Bussen bedient wurde, verkaufte man zwei der Midibusse: die 131 und 149 gingen zum Omnibusbetrieb Müller in Roßlau. Dort erhielten sie eine Neulackierung in hellgrau und bekamen die "Müller-Wellen" aufgeklebt. Bei der DVG verblieb die 130. Neben Einsätzen auf der N6 fuhr der Bus auch des Öfteren im Schülerverkehr, wenn nur kleine Gruppen transportiert werden mussten.

  Das Comeback der 130 kam dann zum Planwechsel im Juli 2009: Der Nachtverkehr wurde mit vier Ringlinien und einer Rufbuslinie neu geordnet. Für die Rundverkehre N1, N2, N3 und N5 wurden vier Mercedes Sprinter mit 16 Sitzplätzen gekauft. Als Reserve diente der MAN Midi 130. Da die "Nachtdienste" bereits um ca. 16 Uhr anfingen und demnach vor 20 Uhr auf Tageslinien unterwegs waren, stellte sich mit der Zeit heraus, dass die Sprinter auf der Linienkombi 10/12 zu klein waren. Also erhielt der Würfelzucker einen Stammumlauf, anfangs mit der Kombi 10/12 und abend auf N3, später 10/12 und abends auf N5. Am Sonnabend lief er wiederrum oft auf der 16 und anschließend N2.

  Der Midi-Bus 130 erreichte nun sein 18. Lebensjahr und hatte noch nicht mal 300.000 Kilometer auf dem Tacho. Leider machte die elektrische Einspritzpumpe Probleme, ein Austausch wäre finanziell nicht mehr vertretbar gewesen. Mit der Neulieferung von MAN-Erdgasbussen im Frühjahr 2015 verdrängte man zuerst die letzten MAN Diesel-NL-Fahrzeuge. Aber im September 2015 war dann Schluss für die 130: Am 7. September wurde das Fahrzeug abgemeldet und anschließend verkauft. Bei MAN TopUsed in Berlin tauchte er im Oktober nochmals auf, diese verrieten uns, dass der Bus nach Bulgarien gelangte. Dort verliert sich die Spur.

  Die Würfelzucker bei Müller waren vor allem im Coswiger Raum auf den Linien 350 bis 354 anzutreffen. Als der Konzessionsinhaber, der Neue Wittenberger Busverkehr (Vetter GmbH), zum 1.1.2015 die Linien neu ordnete und nun selbst fahren wollte, wurde die ex-149, bei Müller als AZE-E 567 geführt, abgemeldet und abgestellt. Grund war wohl, dass dieser störanfälliger war als das Schwesterfahrzeug 131, bei Müller als AZE-E 884 zugelassen. Dieser verrichtete fortan auf den Roßlauer Linien 21 bis 25 seinen Dienst. Auch auf dem Pendel als Linie 20 zwischen Dessau Hbf und Jütrichau war er immer mal zu sehen. Zur Netzumstellung in Dessau-Roßlau am 1. Juli 2017 verlor auch die ex-131 ihr Aufgabengebiet, ein Tausch in den Randstunden auf ein kleineres Fahrzeug lohnt sich nicht. So wurde das Fahrzeug im Juli abgemeldet und abgestellt. Beide Müller-Würfelzucker stehen nun auf dem Betriebsgelände in der Abstellhalle fahrfähig abgestellt. Im Gegensatz zur 130 können diese aber in eine gute Zukunft blicken...

  Aber halt: Die "Ära Midi-Bus" ist bei der DVG noch nicht zu Ende. Im September 2014 wurden zwei gebrauchte MAN-Fahrzeuge angeschafft. Einer davon, die heutige 831 (Kennzeichen DE-DV 831), ist ein Erdgas-Midibus, der zuvor bei Brodschelm in Burghausen im Einsatz war. Das ebenfalls weiße Fahrzeug machte sich anfangs durch den kurzen Radstand unbeliebt beim Fahrpersonal. Nur wenige konnten sich mit dem "Schaukelpferd" anfreunden. Es dauerte nicht allzu lang, da landete der "neue Würfel" ebenfalls auf die Nachtdienste. Seit Fahrplanwechsel im Juli 2017 ist der Bus vor allem auf der Linie 17 anzutreffen.


Fahrzeugliste der "Würfelzucker"

NummerBaujahr/HerstellerBemerkungenFoto
  1301996
MAN Göppel
07.09.2015 abgemeldet, anschließend verkauft
  1311996
MAN Göppel
2004 an Omnibusbetrieb Müller, seit 07/2017 abgestellt
  1491996
MAN Göppel
2004 an Omnibusbetrieb Müller, seit 2014 abgestellt
 
  8312008
MAN Göppel
09/2014 ex Brodschelm Burghausen



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Die ersten Einsätze waren zu den verkehrsschwachen Zeiten auf den Linien nach Waldersee und Mildensee


Ab 2009 erlebte die 130 ihr Comeback im Spät- und Nachtverkehr


Der Würfelzucker lief dabei oft auf den Linien N3 und N5


Der ex-Wagen 149 im Mai 2013 am Bahnhof Coswig


Für eine Themenfahrt wurde im Juli 2015 die ex-131 angemietet


Beide Müller-Würfelzucker bei einem Besuch im November 2017


Schnell fand sich der neue Würfel 831 auf den Nachtlinien wieder